Bolduan & Filine in der Kinderklinik

Bolduan und Filine besuchen im Klinikum Kassel Kinder am Krankenbett und in der Ambulanz und lassen sie ihre Krankheit für eine Weile vergessen.

Dort im Krankenzimmer stellen sich die Clowns sehr dumm an und bringen sich in unmögliche Situationen oder sie improvisieren Geschichten deren Handlung von den Kindern bestimmt werden können. Literweise Seifenblasen und Kilometer von Modellierballons kommen zum Einsatz. Am Ende lassen die Clowns kleine Geschenke zurück, die den Abschied bis zum nächsten Besuch erleichtern.

Dabei steht am Anfang einer jeden Visite die Frage: „Dürfen wir hereinkommen“

Wenn die Kinder zustimmen schauen die Clowns zunächst womit die Kinder gerade beschäftigt sind oder versuchen herauszubekommen was die Kinder gerade wünschen. Manche Kinder haben schon eine genaue Vorstellung davon, was sie heute von den Clowns wollen. Darauf aufbauend improvisieren die Clowns ihr Spiel und ihre Scherze.

 

Beispiel einer Clownvisite auf der Krebsstation für Kinder

(beobachtet von Kerstin Kuptz, Kinderkrankenschwester)

 

Die Clowns

 

Filine, die Clownin mit dem kleinen koffer, gefüllt mit Luftballons und Bolduan, der Clown mit dem großen Koffer, gefüllt mit Zauberutensilien, Jonglagematerial und zwei Handpuppen (einer Schildkröte und einem Hund) sind jeden Donnerstag auf der Krebsstation.

 

Das Kind

 

M. ist 4 Jahre alt und an Leukämie erkrankt. Sechs Wochen verweigerte er den Clowns den Zutritt in sein Zimmer, wie die Mutter berichtet.

 

Die erste Kontaktphase/ Ausloten der Kontaktmöglichkeit

 

An diesem Tag zögert M. ein wenig mit dem Nein, als die Clowns an die Türe klopfen und fragen: „Dürfen wir hereinkommen?“. Schon stecken beide den Kopf zur Tür herein, bleiben aber im Türrahmen stehen. Filine begrüßt M. und seine Mutter, und stellt sich im Gegenzug stolz als Filine vor.

Bolduan schiebt Filine auf die Seite, sie sei viel zu groß, er könne M. gar nicht sehen. Er selbst macht sich breit, sodass sie sich neben Ihm in den Türrahmen quetschen muss. Dann begrüßt auch er und stellt sich als Bolduan vor. Dabei hebt er seinen Hut und macht eine angedeutete Verbeugung.

 

Die Beziehung wird aufgebaut/ Kontakt wird von M. zugelassen und erwiedert

 

Das erste Lächeln huscht über M`s. Gesicht. Filine ist erfreut, macht ihren Koffer auf, kruschelt darin herum und findet endlich Zauberseifenblasen. M. ist neugierig geworden, seine Angst er müsse erneut Schmerzen erdulden verfliegt, seine Gesichtszüge entspannen sich, dennoch bleibt er vorsichtig.

Beide Clowns wollen M. als erster begrüßen, ein lustiges Streitgespräch entsteht und Bolduan gibt nach und Filine darf M. ihre Zauberseifenblasen ins Zimmer schicken.

„ Diese Seifenblasen können Sorgen einfangen und wenn sie Platzen sind sie verschwunden“ erläutert Filine. Dieses Spiel wird mit Stimme und viel Gestik kommentiert ( „Huii, Peng, Huiiii, Pong……“ ) Die letzte Seifenblase platzt auf Filines Hand und übrig bleibt eine mutbringende Murmel. Filine möchte sie M. schenken und damit sie auch in seine Hände gelangen kann, dürfen die Clowns eintreten.

 

Kontakt auf einer Ebene der Imagination durch Filine/ Eintauchen in eine andere Welt

 

Filine überreicht M. die Murmel. Seine Aufmerksamkeit ist nun bei der Wünschemurmel und Filine. „ Im Märchen“ sagt M. „da gibt es auch Wunschsachen.“

 

Kontakt Bolduan auf der Ebene der Komik/ Humor tut M. emotional wohl

 

Bolduan macht Lärm. Sein Koffer passt nicht durch die Tür. Er probiert und probiert, es will nicht klappen. Verzweifelt bleibt er auf ihm sitzen und ist traurig, weil er nicht zu M. kann. Beide Clowns überlegen was zu tun ist. Sie fragen M. und seine Mutter um Rat. Alle überlegen gemeinsam wie der Koffer ins Zimmer gelangen könnte. Da geht eine Kinderkrankenschwester am offenen Zimmer vorbei. Bolduan nützt die Gelegenheit und stürzt sofort hinter Ihr her: „Hallo! Hallo, Sie müssen mir helfen! Ich komme nicht durch Ihre Tür. Sie tut dies auch. Mit einigem Gerangel „Ächt“ und „Uff“! ist Bolduan und sein Koffer im Zimmer angelangt.

 

Gelungene Kommunikation/ Öffnung und Stimmungswandel bei M.

 

Mittlerweile lacht M. Er erzählt seiner Mutter was er sieht und hört, dabei hält er noch ihre Hand. Filine öffnet erneut ihren Koffer. Sie behauptet Tiere zaubern zu können und fragt M. nach seinem Lieblingstier: „Ein Elefant, ich mag den Elefant!“ Filine lässt einen aus langen Luftballons geknoteten Elefanten entstehen.

Zu Bolduans Freude über den schönen Elefanten gesellt sich ein staunender und schmollender/neidisch/eifersüchtiger Blick, weil er das auch können will.

M. ist hin und hergerissen zwischen Filines Konstruktionsprozess und dem, für ihn lustigen Gejammer Bolduans. Seine Augen lachen mit, er wirkt gelöst, bewegt sich mehr, lässt die Hand seiner Mutter los.

Bolduan ist ärgerlich. Er kann keinen Elefanten zaubern. Der Versuch einen Ballon aufzublasen misslingt. „Dazu brauchst du doch die Pumpe“ meint sie und gibt sie ihm. Damit geht es natürlich besser. M. freut sich, versteckt sein Gesicht dennoch immer wieder hinter seiner Hand.

Mittlerweile hat Bolduan eine Schlange entstehen lassen, er zeigt sie voller stolz allen. Doch dann lässt er diese los und sie erhebt sich wirbelnd in die Lüfte. M. ist überrascht und schreit kurz auf. „Du musst doch einen Knoten machen!“

Natürlich, das hjat Bolduan vergessen, wie gut dass M. ihm hilft.

Freudig und Stolz nimmt M. seinen Elefanten von Filine entgegen, fasst hätte er Bolduan damit gefoppt.

 

Vorbereitung der nächsten Begegnung/ M. ist bereit für weiteren Kontakt

 

Doch dieser schaut auf seine große Uhr. Es ist spät, es ist spät, sie müssen gehen, dabei wollte er auch zeigen was in seinem Koffer ist. Er fragt M. ob er beim nächsten Besuch auch was aus seinem Koffer zeigen darf, er könne nämlich auch zaubern.

M. bejaht. Das Eis ist gebrochen. Sie dürfen wiederkommen.

 

Das Ende des Besuches/ M. erlebt Abschied als freudiges Ereignis

 

Bolduan verlässt als Erster das Zimmer, nur leider durch den Schrank. Da ist es dunkel, er fürchtet sich und ruft Filine zu Hilfe. Die klärt ihn auf das er im Schrank steckt und es entsteht erneut ein Streitgespräch: „Wer ist ungeschickt, ich?…. du bist ungeschickt, deine Seifenblasen sind viel zu schnell zerplatzt, ich, der Bolduan kann das viel besser……….usw.“

M. hat sich aufgerichtet, verfolgt alles genau, lacht sich kaputt. Zeigt auf das Treiben und spricht mit seiner Mutter darüber. Auch sie lacht, weniger wegen der Scherze, denn Ihre Aufmerksamkeit ist bei ihrem Kind und dessen Freude.

Filine nimmt Bolduan an den Hosenträgern und zieht ihn aus dem Zimmer. Beide kabbeln sich weiter. Dann drehen sie sich um, schauen sich an. Was war denn da noch? Irgendwas haben sie vergessen. „Dein Hut sitzt auf dem Kopf Bolduan, deinen Koffer hast du auch“ „Aber ich fühle, dass ich was wichtiges vergessen habe“

„Ich habe an alles gedacht, meinen Koffer hab ich in der Hand, meine Schleife im Haar und ich hab auch alles eingepackt, ich Filine bin eben klug, ich vergesse so schnell nichts“

Da räuspert sich M`s. Mutter. Da fällt es beiden ein. „Wir haben vergessen uns zu verabschieden, oh je“ flüstern sie leise, „M hat sicher noch nichts gemerkt. Wir tun einfach als hätten wir nichts vergessen“ Beide schleichen pfeifend und summend zurück ins Zimmer. Sie schütteln M. und seiner Mutter die Hände, sagen sehr schnell „Tschüß“ und sausen, etwas stolpernd und sich gegenseitig anrempelnd aus dem Zimmer.

 

Nachwirkungen

 

Die Zaubermurmel ist ein wichtiges Utensil für M. geblieben. Er nahm sie mit zu seinen Untersuchungen und auch zu Hause hat sie ihren Stellenwert in M`s Nacherzählungen oder Verarbeitungsspielen behalten, so erzählte mir seine Mutter bei einem erneuten Krankenhausaufenthalt.